Was haben Alpenpässe gemeinsam mit der Energiewende? Diese Frage drängte sich auf, als ich diesen Sommer den Nufenenpass hochstrampelte, mit Ausblick auf die Windturbinen beim Griespass.
Bei der Pässefahrt ist das Ziel klar: hoch oben ankommen, bevor es dunkel wird. Gleiches auf dem Weg zur klimaneutralen Schweiz: Das Ziel ist unverrückbar, die Zeit drängt, irreversible Schäden aufgrund des Klimawandels müssen um jeden Preis vermieden werden. Je steiler es wird, desto klarer wird: Es zählt wirklich jede Pedalumdrehung. Machst du auch nur einen Tritt halbherzig, drohst du, das Gleichgewicht zu verlieren. Es mag im Einzelnen unbedeutend erscheinen, aber nur, wenn jeder seinen Beitrag leistet, schaffen wir die Reise hin zu einer klimaneutralen Schweiz.
«Nie das Ziel aus den Augen verlieren!», sagt man oft. Aber auch ein Blick zurück kann lehrreich sein. Es zeigt einem, was bereits geschafft worden ist. Wenn wir heute zurück- bzw. runterblicken, realisieren wir, dass wir die Baumgrenze der Energiewende noch nicht hinter uns gelassen haben. Es gilt, noch viele Höhenmeter zu erklimmen. Der Weg mag beschwerlich sein, aber oben angekommen, erwartet uns das wohltuende Gefühl, ein Ziel aus eigener Kraft erreicht zu haben. Pässe erklimmen – das klingt nach dem, was uns Schweizern liegen sollte.
Prof. Dr. Merla Kubli